«Ich weiss noch, wie ich mir meinen ersten, richtig billigen kleinen Verstärker gekauft habe und dazu eine beschissene Gitarre», sagt Tamar Aphek, die irgendwann die Nase voll hatte von Jurastudieren und Idealmusik, heute lieber Streichhölzer wirft nach möglichen Auftürmungen von Dieselkanistern: Es heisst noch Rock+Roll, alles auf Video, dann rennen, until there’s nowhere to run — und der jazzy Untergrund von Tel Aviv ist zurecht ein bisschen verunsichert. «Es war das Gefühl, eine Waffe in der Hand zu halten», meint Tamar Aphek weiter, auch die billigste Gitarre ist besser als eine Pistole, das wäre zu ergänzen. Waffen: doof. Verbrennungsmotoren: tendenziell top, denn es schnallen sich die Fomies an, Kennzeichen VD, Abfahrt Vevey Rock City in den Reben. Die Geschichte vom Rauch auf dem Wasser kann ihnen gern gestohlen bleiben, die 1 Million Watt-Verstärker-Wohnwand und das fahrende Museum ausgesuchter Gitarren lieber nicht, drücken das Fuzz-Pedal fast durch den Wagen, blasen sich beinahe selbst davon, die, ganz trunken und glücklich von laut. (txt: mrk)
oder auch
Zeig dich von deiner schönen Seite, hämmern die Gedanken in deinem Kopf. Du ziehst dir den schwarzen Lidstrich mit zitternder Hand nach. Unter deiner Schädeldecke zittert im gleichen Rhythmus eine Säge, während ein Geigenbogen über die stumpfe Seite des Sägeblatts streicht. Die heulenden Klänge, die dabei entstehen, schrauben sich kriechend aus deinem Rachen, durch die labil geschichtete Luft hinein in den Spiegel gegenüber, bis das reflektierende Glas zerspringt. Dein Gesicht fällt mit den Spiegelscherben zu Boden. Dann der Stich, worauf richtest du nun deinen Lauf? Über den scharfen Kanten des Reliefs braut sich ein dröhnender Nimbus zusammen, dessen Qualität ist innen gesättigt und dicht. In diesem Irrgarten legen sich Grenzen übereinander, die zu den Rändern hin erst recht unscharf werden. Hier kollidieren die Zugehörigkeiten. Die laut vibrierende Freiheit pulsiert warm und schreit dir die quälenden Fragen entgegen, welche die Fragilität deiner diffusen Existenz begründen. Ist das dein Bekenntnis, deine unerschütterliche Hingabe zum Abriss der erdrückenden Spiegelkabinette? Du lehnst dich unsicher nach vorn und setzt den Pinsel neu an – jeder Strich ein Schuss aus deinem Lauf. Deine schallenden Projektile schreien auf und reissen Löcher in die erstickende Wolkendecke.
Fomies aus Vevey eröffnen stark mit ihrem aktuellen Album «Sudden Lag» (Hummus Records). Danach vereint Tamar Aphek aus Tel Aviv Feinheit und Brutalität. Eine anregende Kombination aufgrund einer geographischen Fügung. Die israelische Gitarrengöttin erweitert ihre Tour de France um ein Konzert in Bern. (txt: wal)