Amewu ist 1983 in Berlin Charlottenburg geboren und dort bei seiner Mutter zusammen mit seinem Bruder aufgewachsen. Später kam sein Stiefvater dazu, er besaß einige Hip Hop Alben – Tupac, Ghostface Killah, Dr Dre, Snoop Dogg, oder Wu-Tang Clan, die Amewu sich still aneignete und absorbierte. Ein HipHop DJ in seiner Klasse ergänzte das Rapertoire. Das waren für Amewu die ersten Berührungspunkte mit Hip Hop. Später wurde Freestylen und Texte schreiben en vogue und zum Standard. Auf Deutsch wurde gefreestylt, auf Englisch getextet. Seine Kollegen hörten aber schnell wieder mit dem Rappen auf und Amewu begann sich gezielt Instrumentals zu kaufen und für sich alleine zu rappen. So entstanden viele Tapes die Amewu mittels einer komplizierten Aufnahmetechnik, abseits der Öffentlichkeit, für sich realisierte.
Ein Schlüsselerlebnis war die Überlegung, welchen Track er seiner Mutter vorspielen könnte. Inhalte zu denen er stehen kann, selbst wenn sie ihr nicht gefallen. Daraufhin vernichtete er alle seine bisherigen Texte. Und hat noch einmal neu angefangen. Gleichzeitig durchlebte er eine spirituelle Phase mit meditieren, Kung-Fu und viel Literatur. Er fing an, seinen Charakter auseinander zu nehmen. Um ihn dann strukturalistisch wieder zusammen zu bauen. Das war für ihn die schönste Zeit seines Lebens.
Über den Berliner DJ Boba Fettt kam Amewu mit Westcoast Underground wie Living Legends oder Project Blowed in Berührung, was für ihn eine elementare Inspiration war. Denn bis dahin waren gute Technik und relevante Aussagen für ihn unvereinbar gewesen. Ein Technik Freak zu werden, war für Amewu Mittel zum Zweck, denn die Leute sollten ihm zuhören. So war es damals noch etwas Besonderes, wenn man schnell rappen konnte und Amewu wusste diesen Effekt für sich zu nutzen. Er wollte Rap auf eine Ebene bringen, wo man als Rapper respektiert wird, egal was man sagt. Denn mittels Technik wird Aufmerksamkeit beim Publikum erzeugt. Es machte Amewu mehr Spaß, wenn das Publikum merkt, dass ein MC auch etwas zu sagen hat und dass Rap mehr ist als „Yo, yo…“.
„Mann ist immer ein bisschen blöd bis man lernt“
Auch Berlin hat Amewus Rapstil geprägt, so hörte er sich lieber Battle Rap an, als den Spaßrap, der im Rest der Republik populär war. Der beteuerte redundant wie toll doch alles war. Aber Amewu ist wütend und hat viel Diskussionsbedarf. Deshalb muss Rap für ihn auch aggressiv sein. Gleichzeitig bedarf es aber der Reflektion, denn man sollte wissen, woher die Aggression kommt und nach Ursachen suchen. Der Berlinhype sorgte so dafür, dass sich Rap in eine Richtung entwickelte, die er positiv bewertete. Leider wurde alles sehr schnell sehr abgestumpft. Klischees reproduzierten sich und fragwürdige Images wurden gefeiert. Was ihm eigentlich zuarbeiten sollte, hatte die gegenteilige Wirkung. Amewu wurde immer seltener um Auftritte gebeten, andere Künstler waren jetzt gefragt. Deshalb hat Amewu sein Mic eingepackt und sich nach spontanen Möglichkeiten in der Berliner Musiklandschaft umgeschaut.
So wurde für Amewu die Dubstep und Grime Szene interessant. Durch die Freakcamp und Keep It Rollin Veranstaltungen rutschte er in andere Genres die MCs einsetzten. Er traf unvoreingenommene Menschen, die er vorher im HipHop nur selten getroffen hatte. In kürzester Zeit machte sich Amewu in der Grime-Szene einen Namen; so durch seinen Sieg beim Grimetime Wettbewerb. Hier war eine Nische in der anfangs noch viel Platz war, wenn man schnell rappte. Gleichzeitig wurden Grime und Dubstep immer populärer, weshalb Amewu bei vielen Partys und auf etlichen Flyern präsent war. Wodurch schlussendlich auch die Hip Hop Szene wieder auf ihn aufmerksam wurde. Und so sah man ihn wieder verstärkt auf HipHop Events.
„Mit Rap kann man sich auch Probleme machen, die man vorher nicht hatte“
Gleichzeitig wurde für Amewu die Zusammenarbeit mit Bands relevant. Diesbezüglich prägte ihn musikalisch der Kontakt zu den Long Lost Relative oder den Ohrbooten. Bei Sessions und Straßenmusikaktionen der Ohrbooten war Amewu oft dabei, wodurch er einiges lernen und selbst musikalischer werden konnte. Mit den Long Lost Relative, dem Band-Projekt von DJ Werd, den man auch als DJ von Sido kennt, hatte Amewu viele Auftritte. Werd und Amewu verbindet ein ähnlicher Musikgeschmack. DJ Werd wurde nicht nur Amewus Lieblings DJ, sondern auch ein Freund und Supporter.
In spezieller Eigenart beendet er seine Auftritte gerne mit langen Accapellas oder trotzigen Ansagen. Viele seiner Stücke richten sich bewusst an das Publikum und Amewu macht kein Geheimnis daraus, dass sein Können Teil der Verführung ist. Der Inhalt ist ihm wichtig, die Form nur das Geschenkpapier. Und man findet bei ihm fraglos das Selbstbewusstsein, das im Rap erwartet wird. Doch auch Selbstkritik ist vorhanden, ohne die ein solches Ichbewusstsein überhaupt erst erträglich wird. Dass man verändern kann und soll, selbst wenn man selber der Veränderung bedarf, das will Amewu vormachen. Auch deshalb heißt sein Debutalbum „Entwicklungshilfe“, denn für ihn selbst ist Rap genau das.
[Text: Bianca Ludewig]