In ihrem neuen Album «Pallas Dreams» führt uns Anna Aaron nach Manila, wo sie Teile ihrer Kindheit verbracht hat. Über tanzende Synthesizer- Arpeggiators, schimmernde Glöckchen und hektisch-verspielte Perkussion erzählt die neue Single «Moskito» in scheinbar unbeschwertem Ton von Smokey Mountain, einem der schlimmsten Slums der Stadt. Vom Rauch des verbrannten Abfalls, von den schwarzen Fusssohlen und Fingernägeln, Hitze und Hautausschlägen, den Resten des auf Wellblechdächern gebratenen Fischs und eben von Moskitos. Und dem Smog natürlich, hinter welchem sich die Sonne versteckte. Ein Satz ist dem damals jungen Mädchen besonders in Erinnerung geblieben. Auf der Strasse hatte ihr mal jemand erzählt: «Wenn die Sonne am Himmel tanzt, weint Maria Blut.»
Nun, fast 25 Jahre später, erinnert sich Anna Aaron an diese Szenen zurück. Sie recherchiert und stellt fest: Die genannte Aussage stammt aus dem Zusammenhang einer Marienerscheinung in Portugal im Jahre 1917. Kinder hatten die Gestalt gesehen und kündeten ein Wunder an. Und tatsächlich beobachteten an besagtem Datum angeströmte Tausendschaften, dass die Sonne Zick- Zack-Bewegungen vollführte – ein Stück Volks- und auch Widerstandskultur aus einer Epoche, in der die Religion in Portugal marginalisiert wurde. Die unwillkürliche Erinnerung erweist sich nicht nur als richtig, sondern stiftet auch neue Bilder. «I took a deep breath», heisst es dann; die ganz eigenen Stimmungen der ambivalenten Erinnerungen erwachen zu neuem Leben.
«Das Lied hat für mich einen Traumcharakter, weil es nicht von dem tatsächlichen Ort der Philippinen, sondern von dem Land, wie es in meiner Erinnerung existiert, inspiriert ist, und darum einen Umweg macht durch die Phantasie, bevor es in der Welt ankommt. Mein Vorhaben war es, die Bilder aus der Dunkelheit meines Unterbewusstseins zu Tage zu fördern und sie mit der wachen Welt zu vereinen, um eine komplette Persönlichkeit aus mir zu machen.»