Wir alle erleben ab und zu Situationen, die wir am liebsten vergessen würden. Solch nervige Momente widerfahren auch Dritte Wahl aus der Hansestadt Rostock. Da wünschte man sich ein Gerät zum Löschen des Gedächtnisses wie etwa den Neuralisator, der im Film „Men In Black“ eingesetzt wird. Geblitztdingst heißt dieser Vorgang im Hollywoodstreifen und „Geblitztdingst“ heißt auch das neue Werk der Norddeutschen. Auf Studioalbum Nummer neun zeigen sie erneut ihre musikalische Souveränität. Punk, Rock & Metal sind das Element, in dem sich Dritte Wahl bewegen wie Fische im Wasser. Seit 2010 haben sie neben den gewohnten Gitarre, Schlagzeug und Bass einen Tastenmann an Bord, der ihr Klangfarben-Spektrum bunter denn je klingen lässt.
Aufgenommen in den Principal Studios von Münster mit Produzent Jörg Umbreit am Mischpult, serviert „Geblitztdingst“ einen spritzigen musikalischen Cocktail. Zur bunten Mischung zählt ein energischer Rocker wie „Der Spiegel“, der nachdenkliche Mid-Tempo-Titel „Sirenen“ und eine Streicher-getragene Ballade wie „Immer auf der Reise“. Dagegen ist „Teufel & Dämonen“ fast schon Hardcore und wird noch getoppt vom krachenden Wutanfall „F.d.S.“. Der Titelsong „Geblitztdingst“ tönt derart mitreißend, dass man ihn einfach mitgrölen muss, während das eingängige „Stillstehen“ dem Hörer die NDW ins Gedächtnis ruft. „Zu wahr, um schön zu sein“ schließlich beginnt als Ballade und wandelt sich zum Rocksong, vorangetrieben von einem gut gelaunten, rhythmischen Banjo.
Auch anhand der Texte lässt sich eine Weiterentwicklung feststellen. Nach wie vor kritisieren Dritte Wahl herrschende Zustände wie zum Beispiel in der neuen Nummer „Zu wahr um schön zu sein“, wo es um das Missverhältnis von reich und arm geht. Doch zunehmend widmet sich das Quartett persönlichen Themen wie etwa in „Der Spiegel“, das die Frage nach Zufriedenheit und Glück stellt. „Als selbstbestimmte Band führen wir ein privilegiertes Leben. Aber trotzdem stellt man sich im Hinterkopf immer die Frage, was man verbessern könnte“, wundert sich Gunnar Schröder, Sänger, Gitarrist, Texter und Komponist, um gleich hinzuzusetzen, „die Unzufriedenheit ist die Triebfeder des Menschen, doch sie verursacht auch sein Unglück.“ In „Teufel & Dämonen“ befasst sich Gunnar mit Bürgerkriegen wie etwa in der Ukraine und Jugoslawien. „Leute, die zusammen wohnen, gehen plötzlich aufeinander los. Darüber habe ich mich erschrocken. Viele der Bürger wollen keinen Krieg, es sind die Mächtigen in Politik und Militär, die solche Entscheidungen treffen.“
„Sirenen“ erinnert an die weiblichen Fabelwesen der griechischen Mythologie, die mit ihrem betörenden Gesang die Seefahrer ins Verderben lockten. Dritte Wahl nutzen diese alte Erzählung als Metapher für die Versprechungen von Werbe-Industrie und Kapitalismus. „Schatten“ handelt vom Tod, der irgendwann ins Leben aller Menschen tritt. Als Trost weist das Lied darauf hin, dass mit jedem Licht, das verlöscht, ein anderes aufleuchtet; dass auf der Erde ein ständiges Kommen und Gehen herrscht. „Noch einmal“ erinnert nicht ohne Wehmut an tolle Momente, die man so gern noch einmal erleben möchte. „Ich würde gerne noch einmal meine erste AC/DC-Platte hören, ohne sie zu kennen“, lacht Gunnar und schwärmt von alten, unbeschwerten Zeiten. „Heute haben die meisten Frau und Kinder, da kann man nicht einfach mal spontan um die Häuser ziehen wie früher…“
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Die Wurzeln von Dritte Wahl liegen in der verblichenen DDR, wo sich die Band 1988 vor dem Mauerfall zusammenfand und erste Konzerte spielte. Neben Frontmann Gunnar saß von Anfang an sein Bruder Jörn „Krel“ Schroeder am Schlagzeug. „Krel hatte früher schon mit Bleistiften auf dem Tisch herum getrommelt, das war mir aufgefallen. Auf mein Drängen hat er sich ein sündhaft teures Schlagzeug aufschwatzen lassen, das die Band im Handwagen in den nächsten Jugendclub zur Probe transportierte“, erinnert Gunnar. Bereits eine Woche nach der Grenzöffnung 1989 spielten die Rostocker ihren ersten Gig im Westen auf fremdem Equipment – und knüpften dort prompt Kontakte für weitere Konzerte in den vereinten deutschen Landen.
1998 gründete die Band ihr eigenes Label Dritte Wahl Records, nachdem sie drei Alben auf dem Indie Amöbenklang veröffentlicht hatte. 2005 starb ihr Basser und Gründungsmitglied Marko „Busch´n“ Busch. Er wurde von Stefan Ladwig ersetzt. Ab 2010 erweiterte Keyboarder Dietmar die Gruppe, nach „Geblitztdingst“ wird er die Band verlassen, um eigene Projekte zu verfolgen. Mit Holger begrüßen Dritte Wahl einen neuen Mann an den Tasten. Die Band managt sich selbst und kümmert sich auch um ihr Merchandise, das mehr und mehr aus Fair-Trade-Produkten besteht. Das Jahr 2015 steht für die Rostocker im Zeichen einer ausgedehnten Tournee. Dabei versprechen Dritte Wahl, dass sie keinesfalls vergessen werden, die neuen Songs von „Geblitztdingst“ vorzustellen! (Henning Richter 2015)