Vier Songs, eine EP, große Erwartungen: Die in Zürich lebende Singer-Songwriterin Mel D spielt Indie-Pop-Songs voller Poesie, Abenteuerlust und Emotionalität.
Wer nicht daran glaubt, dass es in der Luft Teilchen gibt, die Menschen miteinander verbinden und dass es die Musik ist, die auf magische Art und Weise diese Teilchen in Bewegung setzt, darf jetzt Mel D entdecken und sich eines Besseren belehren lassen.
Erzählen wir ihre Geschichte anhand von drei Begebenheiten: Die erste spielt im Sommer 2018 in Frankreich. Mel macht mit ihrer besten Freundin Urlaub. Es erreicht sie eine Nachricht eines Musikers, mit dem sie ein electro-pop- Duo hat. Der betrübliche Inhalt: „Leider müssen wir unser Konzert in zwei Wochen absagen.“ Noch in derselben Nacht entsteht bei viel Rotwein ein abenteuerlicher Plan: Mel’s Freundin überredet sie, die Show nicht abzusagen, sondern einfach allein zu spielen. „Aber ich hab’ kein Soloprogramm und kann auch nicht Gitarre spielen“, macht Mel ihren Standpunkt klar. „Du hast zwei Wochen Zeit“, entgegnet die Freundin. Da ist er, der berühmte Sprung ins kalte Wasser. Mel bricht die Ferien ab, besorgt sich eine Gitarre, bringt sich erste Akkorde bei (a- und e-Moll. Schön, einfach und traurig.), schreibt Songs, die klingen, als hätte sie nie etwas anderes gemacht und spielt das Konzert erfolgreich. Nun ist Mel D eine Singer-Songwriterin. Das zweite Ereignis geschieht rund zwei Jahre später. Mel besucht ein Konzert der Schweizer-Supergroup Brandao Faber Hunger. Sie ist schon beinahe auf dem Weg nach Hause, da trifft sie eine Person, die eine Person kennt, die eine Einladung für den Backstagebereich hat. Mel lässt sich überreden und geht mit. Kaum hat sie den Raum betreten kommt Dino Brandão auf sie zu und will wissen, ob sie Musikerin sei. „Ja“, antwortet Mel schüchtern. Ob sie mit ihm Musik aufnehmen wolle ist Dino’s zweite Frage. Wieder antwortet Mel mit einem „Ja!“. Nun ist sie eine Singer-Songwriterin mit einem Produzenten. Die beiden verabreden sich im Studio und innerhalb weniger Stunden finden sie eine gemeinsame musikalische Sprache. Schon bald beginnen sie Lieder aufzunehmen. Immer wieder bringt Mel neue Songs mit ins Studio; sie schreibt wie der Teufel. Sie singt Dino „Changing“ vor, ein Lied über den Umgang mit Trauer. Gemeinsam entwickeln sie „Not Crazy“, ein Song als Frustbewältigung. Gibt es eigentlich ein Genre namens Prog-Indie-Folk? Jetzt schon. Fehlt noch Begebenheit Nummer drei. Die beiden entscheiden sich dafür eine weitere Produzenten-Person mit ins Boot zu nehmen, um die aufgenommenen Songs neu zu sezieren. Mel stellt eine Liste mit Wunschkandidat*innen zusammen. Ein Name steht ganz oben: Renaud Letang, Produzent von großen und von ihr geliebten Acts wie Feist, Chilly Gonzales, Lianne La Havas oder dem französischen Superstar Alain Souchon. „Klappt eh nicht“, denkt sie sich als sie ihn anschreibt. Sowieso könnte sie ihn nicht bezahlen. Und was, wenn sie sich gar nicht mit ihm versteht? Man ahnt schon was passiert: Renaud Letang meldet sich und ist interessiert. Kurz darauf verbringen die Beiden sechs Wochen zusammen in Paris, um im legendären Studio Ferber die aufgenommenen Songs zu finalisieren. Schon irre. Man kann das alles Zufall nennen. Oder Eingebung. Oder halt… Magie. Womit wir bei einem besonderen Lied von Mel D sind, dem Letzten auf ihrer Debüt- EP. Es trägt den Titel „Bring The Witches Back“ und erzählt von einem Zustand voller Weltschmerz. Als einzige Lösung und als Hoffnungsschimmer besingt Mel das Hexentum und die damit einhergehende Magie. Es ist kein Wunder, dass bei ihren Shows das Publikum zum Chor einstimmt und wie ein Mantra „Please Bring The Witches Back!“ mitsingt. Dem Leben die Last nehmen – genau diese Wirkung besitzen alle vier Lieder, die Mel D auf ihrer Debut-EP veröffentlicht. Alle mit Dino Brandão in Zürich vorproduziert und mit Renaud Letang in Paris zu Ende gebracht. Die Tracks zeigen eindrucksvoll, wie spielerisch die junge Künstlerin ihre musikalischen und lyrischen Ansprüche in Einklang bringt. Da ist die tiefe Melancholie von „Changing“, komponiert auf Grundlage eines schnellen Drumstick-Patterns, das sich am Ende gegen dröhnende Gitarren und ein
sehnsuchtsvolles Cello behaupten muss. Das Stück handelt von einem Telefonanruf. Von einem Todesfall. Von unmittelbarer tiefer Trauer und dem Gefühl, dass ab jetzt alles anders sein wird. Da ist die soulige Leichtigkeit von „Soft“, die von uns einfordert, uns selbst gegenüber nachsichtig zu sein. Da ist die wagemutige Abenteuerlust von „Not Crazy“, die Wut in Kreativität verwandelt und da ist „Bring The Witches Back“, der Song, der bereits jetzt klingt als wäre er ein Standard – und bald ganz sicher auch einer sein wird. Vier Songs. Eine EP. Und ein erster großartiger Einblick in den kreativen Kosmos von Mel D. Ah, ja natürlich müssen wir noch kurz über den Namen reden: Melanie Danuser wird schon seit vielen Jahren so genannt. Ein ewiger Spitzname und
irgendwie auch immer ein Wunschtraum: Mel C von den Spice Girls ist ja schon cool, aber das lässt sich noch toppen, oder? Ja, lässt es sich. Mel D’s Debüt-EP bringt eine 28 Jahre alte Singer-Songwriterin auf den Radar, die das Geheimnisvolle von Aldous Harding, das Kunstverständnis von PJ Harvey, den Wagemut von Feist, die Poesie von Adrienne Lenker und die (vielleicht typisch schweizerische) Individualität von Sophie Hunger zu etwas sehr Eigenständigem vermischt. Ergibt sich nur ein Problem: Wer diese vier Songs hört, will sofort mehr. Die Lösung: Das erste Album ist nicht in weiter Ferne. Also: listen, enjoy & stay tuned.