Was MONTREAL hier auf ihrem neuen Album singen, beschreibt die Band ganz gut: Bloß die eigene Nase nicht allzu ernst nehmen, Ball lieber mal etwas flacher halten. Dabei gibt es dafür eigentlich keinen Grund – und das zeigt vor allem ihr neues Studioalbum “Am Achteck nichts Neues” (VÖ 12.04.2024) noch eindrucksvoller als die sieben Vorgänger.
MONTREAL gibt es nun schon seit 20 Jahren: Yonas, Hirsch und Max Power sind alte Schulfreunde und haben schon als Teenager ihre erste Band gegründet – und an dieser Formation hat sich bis heute nichts geändert. Als alles immer ernster wurde und die Aufnahmen zum Debüt-Album anstanden, fehlte eigentlich nur eins: Geld. Um also die Finanzierung des ersten Albums irgendwie zu stemmen, jobbten die drei oft auf jenen Bierwagen, die der lechzende Volksmund liebevoll und geometrisch korrekt “Achteck” nennt. Was MONTREAL in diesem Einsatz auf Stadt- und anderen fragwürdigen Festen erlebt hat, hinterließ seine Spuren und hält nun auf ihrem ersten Studio-Album seit fünf Jahren Einzug.
“Am Achteck nichts Neues” mit 13 Liedern in 34 Minuten ist einerseits ein klassisches MONTREAL-Album, zeigt andererseits aber auch neue Seiten und wirkt persönlicher denn je. Lieder wie “Eine andere Stadt”, “Was ich bin”, “Bis in den Morgen” oder auch die erste Single und Titeltrack “Am Achteck nichts Neues” greifen Geschichten aus den Anfangstagen der Band auf. Im letzten Lied “Straßen von Oberhausen” durchlebt MONTREAL samt Zuhörerschaft noch einmal den Abschied vom langjährigen Freund Blubbi, Gitarrist der Sondaschule und dessen Beerdigung.
Und noch weitere Überraschungen warten auf diesem Album: in “Ganz allein” nimmt MONTREAL sich gekonnt so genannte Incels und ihre kruden Anschauungen vor und das musikalisch am meisten herausstechende “Mein Korn” wurde zusammen mit Sebastian Madsen geschrieben.
Doch einiges bleibt zurecht auch wie es war: Wie alle MONTREAL Veröffentlichungen seit 2012 entstand auch “Am Achteck nichts Neues” komplett aus eigener Kraft – die Bandmitglieder betreiben das eigene Label AMIGO RECORDS, managen sich selbst, suchen sich Hilfe vor allem im eigenen Freundeskreis und Netzwerk – auch die Live-Crew besteht aus Freunden (zum Teil seit der Schulzeit) auch für Produktion und sogar Fotos werden selten Externe herangezogen. Und passenderweise reiste das Trio für die Album-Fotos diesmal mit Fotografin Ania Sudbin erstmals seit vielen Jahren wieder in die Kleinstadt, in der zu Schulzeiten alles anfing.
Was schön ist: auch nach 20-jährigem Bandbestehen kann sich MONTREAL noch immer über ein stetig wachsendes Publikum freuen – nicht wenige führen das auf ihren Mix aus Fleiß und Humor zurück. Selbst während der Corona-Pandemie haben Montreal viele Konzerte vor Monitoren oder auch Autos und Liegestühlen gespielt und das immer mit der gleichen Intensität wie große Festival-Bühnen oder Clubs. Vielleicht liegt darin das Rezept der Band: all jene, die zum Konzert kommen maximal ernstnehmen und alle, die das durch ihre Arbeit ermöglicht haben auch – aber sich selbst nicht allzu dolle. Wahrscheinlich kein Zufall, dass ausgerechnet die Jubiläums-Tour die bislang größte der Bandgeschichte ist.
“Wie lang soll das denn noch so weitergehen?”, wird in “Primadonna & Primat” in den Raum geworfen – Gute Frage! Aber zumindest in naher Zukunft sollte man sich keine Sorgen machen müssen: 2024 hat MONTREAL mit den Festivals Hurricane, Southside, Highfield, Open Flair, Taubertal und Greenfield schon jetzt einen der schönsten Sommersaisons vor der Brust und zudem im Rahmen der Album Kampagne noch die ein oder andere Überraschung fürs Publikum in petto.